Die Corona-Pandemie betrifft uns alle in unserem privaten, aber auch im beruflichen Umfeld. Die aktuellen Regelungen und Verordnungen stellen vor allem die Veranstaltungsbranche vor große Herausforderungen und bedeuten eine ernste Existenzbedrohung für alle Beteiligten.
Zu Beginn der Pandemie wurden Veranstaltungen stark eingeschränkt und dann sehr schnell ganz verboten. Seitdem sieht die Politik keine Öffnungsszenarien oder gar eine Perspektive für die Veranstaltungsbranche vor, wie dies für viele andere Branchen der Fall ist.
Kunst, Kultur sowie der soziale Kontakt zu anderen Menschen sind für die menschliche Psyche und somit für die Gesundheit der Bevölkerung essenzielle Bestandteile. Wir wollen den Menschen wieder Live-Veranstaltungen, persönliche Begegnungen und unvergessliche emotionale Erlebnisse ermöglichen. 
Aus diesem Grund haben wir uns dazu entschieden, nicht mehr abzuwarten, sondern die Initiative zu ergreifen. Inspiriert von der RESTART-19 Studie aus Halle, der Konzerthausstudie aus Dortmund und anderen mutigen und notwendigen Initiativen haben wir SAFE – SimulAtion Für die Eventbranche konzipiert.
Wir möchten nachweisen, dass unter Einhaltung der einschlägigen Hygieneregeln, einer funktionierenden und an strenge Auflage angepassten Lüftungsanlage, einer gut durchdachten Teststrategie sowie mit einer lückenlosen und digitalen Kontaktnachverfolgung Veranstaltungen mit Publikum sicher und mit einem sehr geringen Infektionsrisiko durchzuführbar sind.
Wir bedanken uns bei allen Kooperationspartner*innen und Teilnehmer*innen, die sich an diesem außergewöhnlichen und komplexen Projekt beteiligt haben. Viele Stunden der Planung, Koordination und Organisatin waren nötig, haben sich aber in jedem Fall gelohnt.
 

Das Forschungsdesign

Teilnehmer*innen

230 Personen und 90 Mitwirkende fanden sich am 8. März 2021 im Congress Center Rosengarten ein. Die Teilnehmer*innen setzten sich aus Mitarbeiter*innen der m:con sowie der Musikalischen Akademie, Studierenden der Dualen Hochschule Baden-Württemberg und Personen aus dem Veranstaltungsumfeld zusammen, die überwiegend zwischen 20 und 50 Jahren alt waren.

Registrierung

Ausnahmslos alle Mitwirkenden und Teilnehmer*innen mussten sich zunächst mittels der hauseigenen Registrierungssoftware für Besucher*innen der m:con mit der Privatadresse anmelden und einen Zeitslot zur Testung buchen. Diese Buchungsbestätigung musste beim Einlasspersonal vorgezeigt werden. 
Darüber wurden die Mitwirkenden und Teilnehmer*innen dazu angehalten, sich vorab beim Testzentrum von 21Dx zu registrieren, um einen zügigen Ablauf beim Antigen-Schnelltest vor Ort zu gewährleisten zu können.

Kontaktnachverfolgung

Im Rahmen der Testveranstaltung SAFE kam die luca App als Anwesenheitserfassung im Congress Center Rosengarten zum ersten Mal in Baden-Württemberg mit direktem Anschluss an das örtliche Gesundheitsamt zum Einsatz. Um auch die Abfrage der Kontaktdaten über das Gesundheitsamt Mannheim simulieren zu können, wurde dieses kurzfristig mithilfe des entsprechenden Browserzertifikats an luca angeschlossen.

Hygiene- und Sicherheitsmanagement

Im gesamten Gebäude des Congress Centers Rosengarten bestand eine Pflicht zum Tragen von FFP-2-Masken ohne Ausatemventil. Außerdem wurde allen Teilnehmer*innen empfohlen mit dem Individualverkehr anzureisen. Durch die im Haus fest verbaute und durch mobile Geräte ergänzte, digitale Wegeleitung konnte gewährleitet werden, dass nur Teilnehmer*innen mit einem negativen Testergebnis Zutritt zum Veranstaltungsbereich erhalten und sich die Ströme der Besucher*innen nicht vermischen. Die Sanitärbereiche sowie die High-Touch-Flächen wurden in regelmäßigen Abständen und nach Bedarf entsprechend gereinigt und desinfiziert. Darüber hinaus fand vor und nach der Veranstaltung in den belegten Bereichen eine Grundreinigung statt.

Teststrategie

Alle Teilnehmer*innen durchliefen drei Tests:

1. Die ChewiFix Probennahme

Bei der ChewiFix Probennahme handelt es sich um ein alternatives Probenentnahmeverfahren, welches mit einer hohen Sicherheit den Nachweis von SARS-CoV-2 aus Speichel ermöglicht. Bei diesem Verfahren kauten die Proband*innen eine Minute lang auf einem Probeschwämmchen bis sich dieses mit Speichel vollgesogen hatte. Das Probenmaterial wurde anschließend mit dem PCR Verfahren ausgewertet.

2. Antigen-Schnelltest

Die Proband*innen wurden mittels Antigen-Schnelltest per Nasenabstrich getestet. Die Tests wurden ausschließlich von medizinisch geschultem Personal durchgeführt. Die Proband*innen erhielten 15 - 20 Minuten nach der Testung ihre Ergebnisse elektronisch per E-Mail übermittelt.

3. Der Riechtest

Alle Proband*innen mussten sich zunächst die Mindfull Check-in App herunterladen. Mit dieser wurde der QR-Code auf der Testkarte gescannt, um diese mit dem sich auf der Testkarte befindlichen Geruch zu koppeln. Um den Geruch identifizieren zu können, musste der*die Proband*in an einem Testfeld rubbeln – ähnlich einer Parfümprobe. Anschließend mussten die Proband*innen an dem Testfeld riechen und unter verschiedenen angezeigten Möglichkeiten in der App die passende Kachel mit dem Geruch auswählen, den sie wahrgenommen hatten. Direkt im Anschluss erfuhren die Proband*innen das Ergebnis und die App zeigte bei einem negativen Testergebnis einen QR-Code an, der als Zutrittsberechtigung galt.

Im nebenstehenden Chart sind die Bewertungen pro Dimension vergleichend für alle abgefragten Testverfahren mittels Mittelwertvergleich dargestellt. Summiert man die Mittelwerte und errechnet dann einen Gesamtmittelwert so platziert sich die ChewFix Probennahme (arithmetisches Mittel: 4,25) vor dem Riechtest (3,88) und den Abstrichen (3,81). Gefragt nach dem „Test der Wahl“ liegt die ChewiFix Probennahme ebenfalls ganz vorne. Der Riechtest kann hier die fehlende subjektive Sicherheit nicht ausgleichen und liegt abgeschlagen auf dem letzten Platz hinter den Antigentests durch die Abstrich-Methoden.

Raumlufttechnik

Aufgrund des aktuellen Pandemiegeschehens wird die Lüftungsanlage nicht im Umluftbetrieb betrieben, sondern läuft mit 100% Frischluftzufuhr. Dies ist aus energetischer Sicht natürlich nicht das Mittel der Wahl, um aber die Sicherheit aller Personen im Gebäude gewährleisten zu können unabdingbar.

Die Anlage wurde im Jahr 1974 errichtet, verfügt über einzelne Kammern, welche dem damaligen Stand der Technik entsprechend, als einzelne Räume gemauert wurden. Es sind zwei Filterstufen verbaut. Die 1. Stufe verfügt über  einen Filter der Filterklasse M5, die 2. Stufe über einen der Filterklasse F7. Die Anlage hat einen Volumenstrom von 210.000m³/h. Bei einem Raumvolumen des Mozartsaals von 17.000 m³ findet zwölfmal in der Stunde ein kompletter Luftwechsel statt. Darüber hinaus verfügt die Anlage über 6 CO2-Fühler, welche fest im Saal verbaut sind.

Messung und Überwachung der CO2- und Aerosolkonzentration

Die Aerosolmessung fand im Mozartsaal, dem größten Saal des Congress Centers Rosengarten statt, der im normalen Betrieb Platz für mehr als 2.200 Personen bietet. Die Lüftungstechnik des Mozartsaals weist eine Besonderheit auf, aufgrund derer wir die Studie aus Dortmund nicht auf diesen Saal anwenden können: die Luft wird im Mozartsaal von oben eingeblasen und zu den Seiten hin abgesaugt.

In allen anderen Sälen des Congress Centers Rosengarten funktioniert die Lüftungstechnik wie gewohnt und wie in Dortmund getestet.

Der emittierende Dummy des Fraunhofer Instituts Namens Oleg wurde zentral im Saal positioniert und stieß kontrolliert genau definierte Mengen an Aerosolen aus. Über den gesamten Zeitraum der Testung hatte Oleg ebenfalls eine FFP-2-Maske ohne Ausatemventil auf.

Die in der Metaanalyse aufgeführten Daten weisen darauf hin, dass 100 bis 1.000 virusbelastete Partikel ausreichen, um bei nahem Abstand jemand anderen zu infizieren.
Dies gilt aber nur, wenn keinerlei Schutzmaßnahmen wie Abstand und Masken angewendet werden.
Auch die Berechnung des Fraunhofer Instituts zur Aufnahme von Viruspartikeln bezieht sich darauf, dass keine zusätzlichen Schutzmaßnahmen vorgesehen sind.
Für die geplanten Veranstaltungen im Rosengarten gilt bis auf weiteres allerdings immer Folgendes:

  • Besucher*innen haben nur Zutritt, wenn sie aktuell (Schnelltest nicht älter als 12 Stunden) negativ getestet sind
  • Es wird immer eine FFP-2-Maske ohne Ausatemventil oder mindesten ein medizinischer Mund-Nasen-Schutz getragen
  • Besucher*innen, die Symptome wie Erkältungssymptome (Husten, Niesen o. Ä.) haben, werden unabhängig von allen anderen genannten Vorbedingungen nicht zu einer Veranstaltung zugelassen
  • Die Luftströmung ist so geregelt, dass ein schnellstmöglicher Abtransport der Aerosole aus dem Publikumsbereich gewährleistet ist
  • Die Einschränkungen für die Empore werden berücksichtigt mit der Belegung nur der hinteren Reihen
  • Die Veranstaltungen /Konzerte dauern ca. 1,5 Stunden

Für die Beurteilung ist deshalb davon auszugehen, dass die zugelassenen Besucher*innen nur zu einem verschwindend geringen Anteil potentielle Überträger von Viren sind.
Das Risiko wird zusätzlich erheblich minimiert, dass alle Besucher*innen immer FFP-2-Masken ohne Ausatemventil tragen. Insofern besteht aus infektionshygienischer Sicht bei Einhaltung aller genannten Schutzmaßnahmen einschließlich der üblichen Regelungen (AHA) ein äußerst geringes Ansteckungsrisiko, wenn die Besucher*innen in „Schachbrettanordnung“ auf den Plätzen an Veranstaltungen teilnehmen, und deshalb können aus jetziger Sicht Veranstaltungen so stattfinden.

Das Modell insgesamt und auch die einzelnen eingesetzten Elemente dessen zeigte eine hohe Akzeptanz. Lediglich das Tragen von Masken auch am Platz erzeugte eine geringere Zustimmung. Ob darauf verzichtet werden kann, sodann die anderen Elemente erfüllt wurden, ist zu diskutieren. Die Bereitschaft, an zukünftigen Veranstaltungen teilzunehmen, steht und fällt aus Sicht der Befragten mit einem sinnvollen Abstands- und Hygienekonzept (3 Säulenmodell) der Veranstaltung. Damit haben die Veranstalter*innen - abseits der Akzeptanz dieser Modelle durch die Politik - vieles selbst in der Hand. Das Vertrauen der Teilnehmer*innen in die Veranstalter*innen, selbst für Sicherheit zu sorgen, scheint gegeben. Erfreulich ist, dass die Branche kaum Personen der befragten Gruppe an den digitalen Raum verloren hat.

SAFE – SimulAtion Für die Eventbranche hat einmal mehr gezeigt, dass mit einem ausgefeilten Veranstaltungs- und Hygienekonzept Veranstaltungen sicher umsetzbar sind. Nach über einem Jahr Pandemie einer ganzen Branche noch immer keine Perspektive zur Öffnung zu bieten und sich dabei nur auf Inzidenzen zu stützen ist zu wenig. Öffnungsszenarien müssen auf Grundlage diverser Faktoren gedacht werden.

1. Lückenlose und digitale Kontaktnachverfolgung

2. Eine ausgereifte Teststrategie

3. Infektionsprävention in Form organisatorischer und baulicher Maßnahmen, z. B. in Form Hygienekonzepten und entsprechend leistungsfähigen Lüftungsanlagen

Kunst, Kultur und soziale Begegnungen sind für die menschliche Psyche und die geistige und somit auch die körperliche Gesundheit eines jeden unverzichtbare Einflussfaktoren. Versammlungsstätten müssen wieder zu Stätten der Begegnungen werden, in den Konzertsälen müssen wieder Symphonien zu hören sein und in den Theatern Standing Ovations.

Veranstaltungen sind durchführbar – und sicher!

Dokumentation